Hermine Liska

Hermine Liska wohnt in einem Seniorenheim bei Graz, in Österreich. Es war ein strahlend sonniger, wolkenloser Tag. Im Nachhinein wird mir bewusst, dass eigentlich gar kein anderes Wetter zur Ausstrahlung von Hermine Liska passt, als ein solch klarer, frühlingshafter Januartag.

Kurzbiografie

Hermine Liska, geb. Obweger, wurde am 12. April 1930 in St. Walburgen im Görtschitztal in Kärnten, Österreich, geboren. Ihre Eltern hatten einen Bauernhof und noch vier ältere Söhne. Hermine erinnert sich an eine glückliche Kindheit mit Hausmusik und Barfußlaufen bis in den Herbst hinein. Der Vater war nach dem Ersten Weltkrieg in russischer Gefangenschaft mit Bibelforschern in Kontakt gekommen und trat später aus der Kirche aus. Die Familie waren die einzigen Zeugen Jehovas im Görtschitztal. Als die Nationalsozialisten 1938 in Österreich an die Macht kamen, bereiteten die Eltern Hermine darauf vor, aller Indoktrinierung zu widerstehen. So weigerte sie sich in der Schule hartnäckig, mit »Heil Hitler« zu grüßen. Sie wurde schließlich in Erziehungsheime gebracht, Anfang 1941 nach Feldkirchen und ein halbes Jahr später ins »Adelgundenheim« nach München. Von April 1944 an leistete sie in Lambichl bei Klagenfurt das nach der Schule vorgeschriebene »Pflichtjahr« ab. Danach kehrte sie nach Hause zurück. Hermine Liska heiratete und bekam drei Kinder. Sie lebt heute in einem Seniorenheim in Graz.

»Alle haben die rechte Hand g’hoben, nur ich nicht.«

Hermine Liska

Hermines Geschichte in unserem Podcast ›Geschichten, die bleiben‹

Hörtipp: Folge #4 Lena & Hermine: Eine Geschichte über Standhaftigkeit. Tauche ein in Hermines Leben und lass Dir von Lena ihre Lebensgeschichte erzählen.

Ein Bild zum Weiterleben

Hermine Liska hat während der Zeit des Nationalsozialismus und darüber hinaus Kraft gefunden im Lesen der Bibel. Ihre Familie, die sich zu den Bibelforschern zählte, hat ihr zudem – auch während der Trennungsphasen – die Stärke gegeben, sich der nationalsozialistischen Indoktrinierung zu widersetzen und zum Beispiel den Hitlergruß zu verweigern. Bis heute hat die Bibel im Leben von Hermine einen festen Platz.

Unsere Begegnung

Wir betraten das Seniorenheim mit seinen langen Fluren, vielen Stockwerken und Aufenthaltsräumen und dachten gleich: Hier finden wir uns nie zurecht. Irene Hubmann vom Lila Winkel, mit der wir vorab Kontakt hatten und die das Interview organisiert hat, ging voraus in Richtung Zimmer, in dem wir Hermine Liska treffen sollten. Auf dem langen Flur kam sie uns schon mit ihrem wendigen Rollator entgegen: zackig unterwegs, schick frisiert und bestimmt. Hermine Liska. Na los, wir sollten ihr folgen, sie wüsste schließlich am besten, wo es entlang geht. So ging sie selbstbewusst voraus und wir, zack zack, hinterher. Vorbei an den anderen Bewohner*innen des Seniorenheims, die uns aufmerksam beobachteten, zu einem kleinen Besprechungsraum, in dem wir viele Stunden lang von Hermines Leben erfahren sollten. Wenn ich an diese Begegnung denke, dann bin ich froh und dankbar. Es war das erste Zeitzeug*innen-Interview, an dem ich für den Verein teilgenommen habe. Ich fragte mich  vorher, ob es wohl traurig, emotional und bedrückend werden würde. Doch es war ganz anders: positiv, lustig, herzerwärmend, stärkend und motivierend. Hermine Liska hat einen so unglaublich positiven Blick auf die Welt und ihr Leben, sie strahlt eine Fröhlichkeit und Zuversicht aus, die ansteckend ist. Sie hat Erfahrungen gemacht, die kein Kind machen sollte, doch trotzdem hat sie so viel Liebe in sich. Zwischendurch gingen wir gemeinsam raus, um Luft zu schnappen und um die Esel und Hasen im Gehege direkt neben dem Seniorenheim zu besuchen. Hermine Liska erzählt uns, während sie den Esel streichelte, dass dieser sie jeden Morgen begrüßt. Eine so schöne Vorstellung und als ich die beiden anschaute, war ich sicher, dass auch der Esel Hermines positive Art spürte und sie wirklich richtig gern hat.

Kennenlernen, Erinnern, Weitergeben

Hermine Liskas ganze Geschichte für Zuhause

Das ganze Interview und alles zum Leben von Hermine Liska findest Du im Interview-Magazin. Wir durften die Zeitzeugin in ihrem Zuhause besuchen und zu ihrer persönlichen (Über)Lebensgeschichte befragen. Wir übernehmen damit einen Teil der Verantwortung, die Erlebnisse der Zeitzeug*innen »Gegen das Vergessen« zu bewahren. Das gesamte Interview und alles rund um die Geschichten fassen wir unseren Magazinen zu jeder einzelnen Geschichte zusammen. 

Zur Magazin-Bestellung