Häufig gestellte Fragen
Wie ist ZWEITZEUGEN e.V. entstanden?
2010 reisten Sarah Hüttenberend und Anna Damm, im Rahmen eines selbst konzipierten Studienprojektes, nach Israel. Ihr Ziel: Holocaust-Überlebende zu treffen und zu erfahren, wie sie es schafften nach 1945 weiterzuleben. Sie lernten zehn Zeitzeug*innen kennen, hörten ihnen zu, als sie (teilweise zum ersten Mal) ihre persönliche Lebensgeschichte erzählten. Sarah und Anna dokumentierten die Geschichten und fotografierten die Überlebenden. Sie gewannen durch diese Begegnungen neue Freund*innen. Tief berührt kamen sie zurück nach Deutschland, um dort als Zeuginnen der Zeitzeug*innen vielen weiteren Menschen von ihren Begegnungen und den persönlichen Zeitzeugnissen zu erzählen – bis heute. Denn ihnen war sofort klar: Diese Geschichten dürfen niemals vergessen werden!
Dozent*innen und Freund*innen erkannten das große Potenzial des Projekts und über die Jahre Jahren entwickelte sich aus der Idee von zwei jungen Frauen und den zehn Überlebensgeschichten der gemeinnützige Verein ZWEITZEUGEN e.V. mit inzwischen mehr als 100 Ehrenamtlichen, hauptamtlichen Stellen und nunmehr 40 geführten Interviews. Darunter 35 Zeitzeug*innen der Verfolgung durch die Nationalsozialist*innen (33 als Juden*Judinnen Verfolgte, einen Sinto und eine Zeugin Jehovas). Zudem haben wir eine langjährige Mitarbeiterin des Zentrums für Dialog und Gebet in Oświęcim nahe des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau sowie zwei Nachkommen jüdischer Verfolgter interviewen dürfen. Zwei Interviews mit ehemaligen Wehrmachtsoffizieren ergänzen Perspektiven aus Täter*innensicht. Im Fokus unserer Arbeit steht die besondere Art der Weitergabe dieser Überlebensgeschichten: unser »Zweitzeug*innen-Konzept«.
Wofür steht »Zweitzeugen«?
Wir ermutigen und befähigen mit (Über)Lebensgeschichten des Holocaust (junge) Menschen jeder Bildungsbiographie dazu, sich vertieft mit der Geschichte des Nationalsozialismus auseinanderzusetzen ‒ und aktiv gegen Antisemitismus und Diskriminierung im Heute einzutreten. Jeder Mensch kann Zweitzeug*in werden und eine aktive Rolle in der Erinnerungskultur einnehmen – wir wollen dafür die Möglichkeit bieten. Mit unserem Bildungskonzept möchten wir eine Antwort unserer Generation auf die weniger werdenden Zeitzeug*innen des Holocaust und Nationalsozialismus geben. Die Erinnerung zu bewahren ist keine Verantwortung, die in den Händen der Zeitzeug*innen liegen sollte.
Wie kann ich ZWEITZEUGEN e.V. unterstützen?
Du kannst unseren Verein als Fördermitglied unterstützen
Eine Fördernde Mitgliedschaft beinhaltet:
- regelmäßige Informationen über die Vereinsarbeit
- Einladung zu Veranstaltungen und zur Mitgliederversammlung
- Berücksichtigung Deiner Anregungen, jedoch kein Stimmrecht in der Mitgliederversammlung
Der Mindestmitgliedsbeitrag für Erwachsene liegt bei 30,00 € im Jahr / 2,50 € im Monat. Du kannst uns deinen Fördermitgliedsantrag elektronisch übersenden. Bist Du noch minderjährig, musst Du dies sogar, da wir die Unterschrift Deiner Eltern benötigen.
Ihr möchtet unseren Verein als Unternehmen unterstützen und Teil unserer Gemeinschaft werden? Wir freuen uns sehr darüber und darauf, Euer Unternehmen in unserem wachsenden Verein als Fördermitglied aufzunehmen!
Du kannst im Ehrenamt aktiv bei uns werden
Wir können immer wieder Helfer*innen gebrauchen – ob für einen Ausstellungsaufbau, das Falten von Flyern, die Dokumentation von Veranstaltungen oder das Transkribieren von Interviews.
Wenn Du Lust hast, etwas zu dem Projekt beizutragen, freuen wir uns riesig! Melde Dich einfach bei ehrenamt@zweitzeugen.de. Wir besprechen Deine Kapazitäten mit Dir und begleiten Dich, bis Du fest in einem Team oder einer Aufgabe angekommen bist.
Du kannst uns Geld spenden
Gemeinsam können wir erreichen, dass jeder Mensch in Deutschland aktiv Teil an einer akzeptierenden, offenen und vielfältigen Gesellschaft hat, die so etwas wie den Holocaust nicht mehr zulässt ‒ unterstütze uns daher gerne mit Deiner einmaligen Spende.
ZWEITZEUGEN e.V.
Evangelische Bank
IBAN: DE20 5206 0410 0000 8101 77
BIC: GENODEF1EK1
Weiterhin stellen wir unterschiedliche Projekte auf der Spendenplattform Betterplace vor, für die Du gezielt unterstützen kannst. Schau doch mal vorbei: betterplace.org
Bei Spenden unter 300 € reicht auf dem Überweisungsbeleg der Verwendungszweck ›Spende für ZWEITZEUGEN e.V.‹ als Nachweis für das Finanzamt. Bei Beträgen über 300 € und auf Wunsch stellen wir gerne eine Spendenbescheinigung aus (bitte Adresse unter Verwendungszweck angeben).
Folge uns!
Du kannst uns auf Instagram und LinkedIn folgen und Deine Freund*innen einladen. Damit verhilfst Du unserer Arbeit zu mehr Sichtbarkeit und trägst dazu bei, dass noch mehr Menschen von uns erfahren.
Ist der Name ZWEITZEUGEN eigentlich rechtlich geschützt?
Schon 2012 haben wir das Wort »Zweitzeugen« neu erdacht und unser Bildungskonzept seither so benannt und beschrieben. Im Zuge dessen ließen wir uns auch die Marke »Zweitzeugen« schützen.
Was bedeutet es, ein anerkannter Träger der freien Jugendhilfe zu sein?
ZWEITZEUGEN e.V. ist laut § 78 SGB VIII anerkannter Träger der freien Jugendhilfe. Wir sind auf dem Gebiet der Jugendhilfe im Sinne des § 1 SGB VIII tätig und verfolgen gemeinnützige Ziele. Wir lassen aufgrund unserer fachlichen und personellen Voraussetzungen erwarten, dass wir einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Erfüllung der Aufgaben der Jugendhilfe zu leisten imstande sind und bieten die Gewähr für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit. Zudem sind wir auf dem Gebiet der Jugendhilfe mindestens drei Jahre tätig gewesen. Weitere Infos gibt es auf http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_8/__75.html.
»Shoah« oder »Holocaust«?
In unserer Arbeit treffen wir andauernd auf die Begriffe »Holocaust« und »Shoah« und reflektieren ihre genaue Bedeutung, jedoch entscheiden wir uns bewusst nicht für einen der beiden. Stephanie erklärt warum und hat sich Gedanken gemacht, was sie mit den beiden Begriffen verbindet:
ZWEITZEUGEN e.V. verwendet »Holocaust und »Shoah, um den Massenmord an den europäischen Jüd*innen durch das nationalsozialistische Deutschland zu bezeichnen. Der hebräische Begriff »Shoa« scheint angemessener, zumal er von Jüd*innen selbst verwendet wird, aber die meisten Nicht-Jüd*innen kennen und verstehen eher den Ausdruck »Holocaust« – und um Verständigung geht es uns im Verein.
Um 1980 klärten insbesondere zwei Filme die breite deutsche Öffentlichkeit über den NS-Massenmord an Jüd*innen auf. Sie hätten unterschiedlicher nicht sein können: Der eine, »Holocaust«, war eine vierteilige US-amerikanische Fernsehserie mit Stars wie Meryl Streep, der andere, »Shoa«, die Low-Budget-Dokumentation eines französischen Linksintellektuellen, der sich, seiner jüdischen Wurzeln erinnernd, auf Spurensuche zu den deutschen Vernichtungslagern nach Polen begab. Beide Filme hatten – auf ihre Art – große Verdienste. »Holocaust« schilderte das Schicksal der fiktiven jüdischen Arztfamilie Weiss aus Berlin und lud die Zuschauer zur Identifikation mit deutschen Jüd*innen ein. In einer Zeit, als es nur drei öffentlich-rechtliche Fernsehprogramme gab, erreichte er 1979 ein Riesenpublikum. Auch wenn Elie Wiesel bemängelte, der Film sei »eine aus kommerziellem Kalkül produzierte Seifenoper«: Erstmals wurde in nicht-jüdischen deutschen Familien öffentlich über den Mord an den Jüd*innen gesprochen. Der Regisseur, Marvin J. Chomsky, geboren 1929 in New York, hatte zuvor die Fernsehserie »Roots« gedreht, die in ähnlicher Weise erstmals die Geschichte schwarzer Sklav*innen in den USA thematisierte. Gefühlig, um populär zu sein – aber bahnbrechend und erfolgreich.
Ganz anders »Shoa«, ein zweiteiliger Dokumentarfilm von beeindruckenden neuneinhalb Stunden Länge: Claude Lanzmann, Jahrgang 1925, schrieb lange im Umfeld von Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir, deren zeitweiliger Lebensgefährte er war. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges studierte und lehrte er zunächst einige Jahre Philosophie in Deutschland, ohne seine jüdische Herkunft mit den kaum zurückliegenden Morden der Deutschen auch an französischen Jüd*innen in Verbindung zu bringen. Erst ab 1970 beschäftigte er sich mit seiner jüdischen Identität. »Shoa«, sein großes preisgeköntes Werk, erschien 1985 nach elfjähriger Arbeit. Es ist ein formal sehr ruhiger Film, der sich dem kaum fassbaren Grauen der Konzentrationslager in vielen Zeitzeug*innenberichten und langen Einstellungen nähert. Claude Lanzmann nimmt sich viel Zeit, das Geschehene einigermaßen zu begreifen, und lässt auch seinen Zuschauer*innen die Zeit. Zu dieser Herangehensweise passt gut der Titel »Shoa« (Katastrophe, Unheil), der in seiner Vagheit den anhaltenden kontroversen Debatte entspricht, ob überhaupt ein Begriff den schrecklichen Ereignissen gerecht werden könnte.
Schwieriger wirkt heute der Begriff »Holocaust« (griechisch: Brandopfer), der im Altertum die Brandopferung von Tieren bezeichnete und sich um 1900 im englischen Sprachraum als Synonym für Völkermord etablierte. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er zum Sammelbegriff für die NS-Judenvernichtung. Jedoch schwingt in ihm beispielsweise noch immer die ursprüngliche religiöse Bedeutung mit, als wären die NS-Morde an Juden eine bewusste Opferung, um eine Gottheit milde zu stimmen – was angesichts des sinnlosen brutalen Tötens in Auschwitz oder Treblinka sicher nicht der Fall war.
»Shoa« oder »Holocaust«? Unsere sprachliche Ohnmacht gegenüber den Ereignissen bleibt. In jedem Fall taugen beide Wörter als allgemein verständliche Arbeitsbegriffe.
Warum nutzen wir gendersensible Sprache?
Wir verwenden in unserer Arbeit den Gender-Stern (z.B. der*die Zeitzeug*in). Mit dem Gender-Stern (*) deuten wir die Vielfalt von Geschlechtsidentitäten an und schaffen eine Repräsentanz für nicht-binäre Identitäten, die jenseits oder zwischen ›weiblich‹ und ›männlich‹ liegen. Dies tun wir auch in historischen Zusammenhängen: Auch wenn in der nationalsozialistischen Geschlechterlogik nur zwei Geschlechter vorgesehen sind, spiegelt dies trotzdem nicht die historische Wirklichkeit wider. Wenn wir an einigen Stellen nur die maskuline oder feminine Form verwenden, tun wir dies, weil nach derzeitigem Forschungsstand ausschließlich Männer bzw. Frauen beteiligt waren.
Ihr habt noch eine Frage auf dem Herzen, die hier nicht beantwortet ist? Dann schreibt einfach eine E-Mail an webseite@zweitzeugen.de