Wir trauern um Gerhard Baader
Gerhards Geschichte
Gerhard Baader wurde 1928 in Wien geboren. Als Kind einer jüdischen Mutter und eines nichtjüdischen Vaters blieb er von den Deportationen in die Konzentrations- und Vernichtungslager verschont. Ab 1942 musste er Zwangsarbeit leisten, zuletzt auch in einem Arbeitslager. Nach dem Krieg holte er seine Matura nach und begann zu studieren. Erst Chemie, dann wechselte er zur Geschichtswissenschaft.
Besonders Herrn Baaders politisches Engagement sticht aus seiner Lebensgeschichte hervor. Als überzeugter Sozialdemokrat versuchte er, für eine offene und gerechtere Gesellschaft einzustehen. Er sagte: »Wenn wir nicht in der Lage sind, ein Leben zu schaffen, das für uns alle lebenswert und lebenswürdig ist, dann können wir zusperren.« Er engagierte sich bei der SPD und war als Gabbai (jüdische Person zur Unterstützung des synagogale Betriebes) bei der Oranienburger Synagoge in Berlin tätig.
Unsere Erinnerungen an Gerhard Baader
Wir haben Gerhard Baader im Sommer 2018 an der Freien Universität in Berlin kennengelernt. Er war Geschichtsprofessor und stellte sich den Studierenden als »Wissenschaftler, aber eben auch als Zeitzeuge« vor.
In unserem Interview, das wir bald darauf mit ihm führen durften, erzählte von seinem politischen Werdegang, vom Wandern, von seiner Freude mit Studierenden zu arbeiten. Aber er erzählte uns auch von der Ausgrenzung, die er in seiner Jugend erfuhr und es berührte uns zu erleben, dass er später und eben bis ins hohe Alter das Gegenteil von ausgegrenzt war. Ehemalige Studierende besuchten ihn noch gern in seiner Wohnung und er selbst hatte keine Scheu, zu Vorträgen oder Ausstellungen zu reisen.
Seit dem ersten Treffen damals durfte wir Gerhard im »letzten Stadium seines Lebens«, welches er als glücklich beschrieb, ein Stück begleiten. Bei vielen gemütlichen Nachmittagen in seiner Wohnung konnten wir bei Kaffee und Kuchen die offene und so jung geblieben herzliche Art von Gerhard kennenlernen. Wir durften seiner bewegten und bewegenden Lebensgeschichte lauschen und diese viele Male als Zweitzeug*innen Kindern und Jugendlichen in ganz Deutschland erzählen. Aber auch die Gespräche über politisches und gesellschaftliches Engagement, ob in seiner Wohnung oder zuletzt auch im Krankenhaus, haben uns nachhaltig geprägt und wir werden Gerhard nie vergessen.
Seinen Auftrag an uns junge Menschen »bereit zum Engagement sein, bereit sein zum Einsatz für eine menschenwürdige Welt, in der jeder Mensch Platz hat«, tragen wir jeden Tag mit uns. Wir werden Gerhard vermissen.
Kennenlernen, Erinnern, Weitergeben
Über Gerhard Baader
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