Interview mit der Zeitzeugin Hermine Liska
Im Januar wurden wir drei von Irene Hubmann, die mit ihrem Mann den Verein Lila Winkel leitet, am Hostel abgeholt und in die Seniorenresidenz Waldhof gefahren, wo uns die 89-jährige Hermine Liska ihre Lebensgeschichte erzählen wird.
Wir hatten bisher wenig Einblick in die Verfolgung der ernsten Bibelforscher, wie sie sich damals nannten, und waren umso erschütterter, als uns Hermine das ganze Ausmaß der Verfolgung schilderte. Die Weigerung ihrer Familie, sich dem System der Nationalsozialisten zu beugen, den Hitlergruß auszuführen, Mitglied im BDM/der Hitlerjugend zu werden und sogar den Kriegsdienst anzutreten, hatte schwerwiegende Folgen.
Hermine selber wurde als 11-jährige vom elterlichen Bauernhof abtransportiert und erst in Waiern bei Feldkirchen (Kärnten) und dann in München in verschiedenen Erziehungsheimen einer Umerziehungsmaßnahme unterzogen – der sie bis zum Ende des Krieges widerstand. Sie widerrief ihren Glauben nicht und nahm dafür jede erdenkliche Strafe auf sich. Sie hatte Glück: Als die Bombardements von München zunahmen, wurde sie zurück nach Österreich gebracht. Der Direktor der Anstalt schien das Ende zu erahnen und sagte ihr zum Abschied: »Hermine, bleib so wie Du bist.«
All das erzählt sie uns auf unwiderstehlich sympathische Weise und wir spüren, wie tief ihr Glaube geht. Nach einem opulenten Mittagsmahl, zu dem uns Irene einlud, zeigt uns Hermine ihren Lieblingsesel im Tiergarten hinter der Residenz. Auch hier spüren wir ihre Erdverbundenheit, der Esel trottet sofort zu ihr. Das Hermine erst vor fünf Jahren auf gutes Zureden ihrer Familie das Skifahren aufgegeben hat, wundert uns überhaupt nicht.
Hermine Liska geht seit 18 Jahren gemeinsam mit Irene Hubmann an Schulen, um von ihrem persönlichen und dem Schicksal ihrer Glaubensgemeinschaft zu erzählen. Wir erleben die beiden als ein eingeschworenes, lebensbejahendes Team und freuen uns, bei unserem nächsten Besuch im Sommer gemeinsam die Steiermark zu erkunden.