Wir trauen um Chava Wolf
Geboren 1932 in Wijnitz, Bukowina, überlebte Chava Wolf als Kind den Holocaust. Aufgrund von anhaltendem Antisemitismus in Rumänien und ihrer zionistischen Einstellung, migrierte sie 1947 ganz alleine nach Israel. Dort traf sie ihren Mann, der ebenfalls ein Überlebender aus Transnistrien war, und gründete eine Familie mit ihm – für Chava ein persönlicher Sieg. Ihre Eltern konnten erst 18 Jahre später ebenfalls nach Israel kommen. Bis zu Ihrem Tod im Februar 2021 lebte die Künstlerin und mittlerweile stolze Großmutter in Tel Aviv.
Chava Wolf wurde mit ihrer Familie vertrieben und erlebte in den Lagern und Ghettos von Transnistrien Dinge, über die sie 60 Jahre lang nicht sprechen und denen sie auch später nur mit Hilfe von Farben und Gedichten Ausdruck verleihen konnte. Wem sie erzählte, welche Geschichten hinter den bunt-naiven Bildern stehen, der spürte sofort, wie präsent ihre Vergangenheit noch in ihrer Gegenwart war. In Chavas kleiner Wohnung im zweiten Stock konnte man in vielen Räumen ihre Werke als Malerin bewundern. Die Bilder bekamen im Kontext ihrer Geschichte eine ganz andere Bedeutung. Chava erzählte uns, dass sämtliche Gespräche mit den Psychologen ihr längst nicht so viel geholfen hätten, ihre Vergangenheit zu verarbeiten, wie ihre Kunst und Lyrik.
Viel Schmerz und viele Ängste begleiteten ihr Leben jeden Tag. Dennoch, oder gerade deswegen, wollte sie unbedingt von ihren Erlebnissen während des Kriegs erzählen. Chava wollte vor allen Dingen gehört werden. Und sie hatte das Gefühl, dass viele Menschen ihre Geschichte gar nicht hören wollen. An der Tür begegneten wir noch kurz ihrem Mann. Sie verabschiedete uns mit den Worten: »Das ist mein Mann. Auch er war im KZ. Vergesst nie unsere Geschichte.«
Briefe gegen das Vergessen
Wir werden weiterhin Chavas Überlebensgeschichte erzählen und viele Menschen zu ihren Zweitzeug*innen machen. Chavas Geschichte hat schon viele Kinder und Jugendliche berührt. Hier eine Auswahl an Briefen, die sie geschrieben haben:
Diese Briefe haben Chava sehr viel bedeutet. Zu uns sagte sie: “Mir schreibt man das? Solche Briefe bedeuten, mich als Mensch. Niemand hat mich als Mensch gesehen. Viele Jahre. Vielen Dank. Ich bin so berührt von diesen Briefen, dass können Sie sich gar nicht vorstellen. Ich glaube, dass können Sie sich nicht vorstellen. Das berührt mich so. Ich habe nicht geglaubt, so etwas zu bekommen. Das ist das größte Geschenk, was ich in im Leben bekommen kann. Solche Briefe von so wunderbaren Kindern, die verstehen und Mitgefühl haben. Die fühlen mit, was ich mitgemacht habe und meinen Schmerz. Ich danke sehr.”
Wir haben Chava in den Jahren nach unserem Interview mit ihr 2011 mehrmals besucht, ihr Briefe gebracht und mit ihr geredet. Hier sind ein paar Fotos davon zu sehen: