Never Forget: Jugendliche aus den USA werden Zweitzeug*innen der Holocaust-Überlebenden Eva Weyl
Eine Premiere im Rahmen des Never Forget Projekts: Erstmals werden Jugendliche außerhalb Deutschland zu Zweitzeug*innen. Nachdem Schüler*innen aus Olfen und Essen bereits online die Zeitzeug*innen Lisa Baer und Norbert Strauss aus New York kennenlernen durften, startete die Projektphase nun auch mit Gruppen aus den USA. Jugendliche aus New York City, die aktuell ein Praktikum bei unserem Kooperationspartner, dem Museum of Jewish Heritage NYC absolvieren, hatten am 11. Juli die Gelegenheit, online die Zeitzeugin Eva Weyl zu treffen.
Eva Weyl wurde 1935 als Kind jüdischer Eltern in den Niederlanden geboren. Ihr Vater und ihre Mutter waren zuvor aus Deutschland emigriert, in der Hoffnung in den Niederlanden vor der Verfolgung durch die Nationalsozialist*innen sicher zu sein. Eva erzählte in dem Online-Gespräch, dass sie eine schöne Kindheit hatte, bis die deutsche Wehrmacht auch die Niederlande besetzte und die Familie 1942 in das Lager Westerbork deportierte. Dort war ein Durchgangslager errichtet worden, von dem Deportationen in andere Lager durchgeführt wurden und das innerhalb des KZ-Systems eine Sonderstellung einnahm. Der Lagerkommandant Albert Konrad Gemmeker ließ durch Lügen und Ablenkungen eine perfide Scheinwelt vorspielen, um so Widerstand zu verhindern und die Deportationen in die Konzentrationslager in Ruhe und Ordnung zu gewährleisten. Eva besuchte in dem Lager sogar eine Schule und berichtete, wie sie die Scheinwelt des Lagers erst 30 Jahre später durchschaute. Von den über 102.000 Personen, die von Westerbork aus deportiert wurden, überlebten nur etwa fünftausend. Evas Familie entging den Deportationen mehrmals nur knapp. Sie überlebte bis zur Befreiung in Westerbork. Nach dem Krieg studierte Eva Weyl in den USA und in der Schweiz, heiratete einen Schweizer und gründete eine Familie. Sie lebt heute in den Niederlanden.
Die New Yorker Jugendlichen waren sehr berührt von Evas Biographie und hatten viele Fragen an die Zeitzeugin. Konnte Eva als Kind das Ausmaß der Verfolgung begreifen? Wie hat sie die Kraft gefunden, trotz der schwierigen Umstände weiterzumachen? Und warum hat sie sich dazu entschieden, ihre Geschichte als Zeitzeugin weiterzuerzählen?
Eva erklärte, dass sie die Naivität der Kindheit lange Zeit davor geschützt hatte, das Ausmaß der Verfolgung zu begreifen. Die Scheinwelt des Durchgangslagers war für sie lange Zeit die einzige Realität, die sie kannte. Wenn man Eva fragt, begann der Holocaust mit der Entmenschlichung bestimmter Personengruppen. Deshalb appellierte sie an die Empathie der Jugendlichen: “This is my message: Think. Let your heart speak. Please show that you are human. Show that you care”. Wie auch andere Zeitzeug*innen ist Eva der Meinung, dass nachfolgende Generationen die Verantwortung haben, sich mit der Geschichte des Holocaust auseinanderzusetzen und ihre Geschichte weiterzutragen. Sie erinnerte die Gruppe an ihre Aufgabe als Zweitzeug*innen: “Now that you have listened to my story you have a duty. Soon I cannot tell it anymore by myself. But you are my second witnesses. And I beg you – keep my story alive”.
Ganz im Sinne des Projekttitels “Never Forget” werden sich die New Yorker Jugendlichen nun überlegen, wie sie die Geschichte von Eva am Leben halten können. Ende August sprechen sie in transnationalen Online-Dialogen außerdem mit den teilnehmenden Jugendlichen aus Deutschland. Weitere Informationen veröffentlichen wir hier auf unserer Website.
Das Projekt ist ein Kooperationsprojekt mit dem Museum of Jewish Heritage in New York City und wird vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft Nordrhein-Westfalen gefördert.