Barrieren abbauen in der ZWEITZEUGEN-Ausstellung im Gustav-Lübcke-Museum Hamm

Wie inklusiv ist die Wanderausstellung WERDE ZWEITZEUG*IN wirklich? Acht Jugendliche aus dem LWL-Internat Soest haben im Gustav-Lübcke-Museum Hamm gemeinsam mit ZWEITZEUGEN e.V. Wege gefunden, Barrieren abzubauen.

Wie inklusiv ist unsere Wanderausstellung wirklich? 
Was braucht unsere Ausstellung noch, damit sie für Menschen mit Seheinschränkung besser zu begehen, zu verstehen und zu erleben ist?

Diese Fragen stellten sich Jugendliche aus dem LWL-Internat Soest über drei Wochen hinweg. Jeden Dienstag Nachmittag kamen die acht Teilnehmenden im Alter von 16 - 21 Jahren mit drei Bildungsreferentinnen von ZWEITZEUGEN e.V. zusammen. Die Teilnehmenden lernten die ZWEITZEUGEN-Arbeit kennen und waren von Beginn an mit Herz, Kopf und Hand dabei! 

Beim ersten Termin (im LWL-Internat) starteten wir mit einem Quiz zum Thema Nationalsozialismus und lernten, wie sich die antijüdische Gesetzgebung auf den Alltag von als Jüdinnen*Juden Verfolgte im Nationalsozialismus auswirkte. Bei der Vermittlung wurde darauf geachtet, dass die Teilnehmenden mit Seheinschränkung z. B. über Tastobjekte einen Zugang zum Thema finden. Anschließend wurden sie Zweitzeug*innen der Holocaust-Überlebenden Grete Hamburg, die im nicht weit entfernten Lippstadt Zwangsarbeit leisten musste. 

Grüne rund Karten mit Text liegen auf einem Tisch
Die Teilnehmenden sammeln Ideen für eine inklusivere ZWEITZEUGEN-Ausstellung.
Zwei Personen stehen vor einem Plakat
Die Teilnehmenden prüfen die ZWEITZEUGEN-Ausstellung bis ins Detail.
Verschieden Gegenstände wie eine Zeitung, ein Ball, eine Zahnbürste
Tastgegenstände verdeutlichen die Geschichten der ZWEITZEUGEN-Arbeit.
Auf weißen Karten stehen die Worte Wolfgang Lauinger und Leon Weintraub.
Die Teilnehmenden erstellen Braille-Schilder mit den Namen der Zeitzeug*innen.
Personen sitzen an einem Tisch mit viel Papier. Eine Person schreib an einer Schreibmaschiene.
Die Teilnehmenden arbeiten an inklusiven Elementen für die ZWEITZEUGEN-Ausstellung.
Hände liegen auf einer Schreibmaschine.
Die Teilnehmenden erstellen Texte in Braille Schrift.
Verschieden Personen stehen und laufen um menschengroße Holztafeln. Auf dem Boden sind wenige weiße Streifen.
Die Teilnehmenden erstellen einen Prototypen für ein Leitsystem für blinde Besucher*innen.
Eine Hand berührt einen Holzrahmen mit einem Plakat
Die Schilder in Braille Schrift werden an den Zeitzeug*innen-Tafeln angebracht.
eine weiße Karte mit Text: Was möchte ich als Zweitzeug*in tun? Meine Idee: Geschichte weitersagen, Geschichte weitererzählen, meine Erfahrung teilen, damit sich mehr Leute die ansehen
Teilnehmende hinterlassen Botschaften, was sie als Zweitzeu*in zukünftig machen werden.
Große Holzrahmen mit Plakaten auf denen Fotos von zwei alten Personen abgebildet sind.
Der Prototyp für ein Leitsystem für blinde Besucher*innen markiert den Weg durch die Ausstellung.
Person betrachtet ein Plakat mit Text.
Die Teilnehmenden analysieren die Ausstellung.
Verschiedene Menschen sitzen an einem Tisch und arbeiten an Laptops.
ZWEITZEUGEN-Workshop im LWL-Internat.
Frau sitzt neben einem Bildschirm auf dem ein Bild von einer Frau und Text zu sehen ist.
Die Referentin von ZWEITZEUGEN e.V. erzählt die Geschichte der Zeitzeugin Grete Hamburg.

Ab dem zweiten Termin stand die Wanderausstellung WERDE ZWEITZEUG*IN, derzeit im Gustav-Lübcke-Museum Hamm zu sehen, im Fokus: die Teilnehmenden erarbeiteten sich die (Über)Lebensgeschichten von Chava Wolf, Leon Weintraub und Wolfgang Lauinger anhand der Ausstellungswände und der Audiodateien. Als Zweitzeug*innen erzählten sie sich gegenseitig die Biografien weiter, bevor wir in eine intensive Feedbackrunde zur inklusiveren Gestaltung der Ausstellungswände, der Inhalte und des Raumes übergingen. Die Teilnehmenden hatten ausgesprochen viele Ideen und betonten die Wichtigkeit, dass sie selbst als Expert*innen in eigener Sache ganz konkret am Barrierenabbau mitwirken können.

Der dritte Termin stand ganz im Zeichen der eigenen Handlungsfähigkeit - unser sogenannten Handkomponente - so hieß es: Selbst aktiv werden und anpacken, gemeinsam dafür sorgen, dass auch Menschen mit Seheinschränkung Zugang zu unserer Ausstellung finden und zu Zweitzeug*innen werden können. 

Auf Basis der vorangegangenen Feedbacksammlung entschieden wir uns für drei konkrete Projektbereiche: Raumorientierung, Braille-Schrift und Audiodeskription.

Vor Ort realisierten wir erste Ansätze, die sich später ausbauen lassen: 

  • Prototypen für ein mobiles und taktiles sowie flexibles Leitsystem, das sich immer wieder an neue Ausstellungsräume anpassen lässt, 
  • Überschriften in Braille-Schrift sowie ertastbare Hinweise auf QR-Codes zu den bereits vorhandenen Audiodateien und
  • Audiodeskriptionen der Porträts der vier Holocaust-Überlebenden Chava Wolf, Henny Brenner, Leon Weintraub und Wolfang Lauinger.

Das Projekt zeigte, wie wertvoll partizipative Ansätze sind und hinterließ alle Teilnehmenden, Bildungsreferentinnen und auch die Leiter*innen des Internats mit einem starken Gefühl der Selbstwirksamkeit. Im nächsten Schritt werden wir prüfen, wie wir die inklusiven Ergänzungen dauerhaft und nachhaltig in die Wanderausstellung WERDE ZWEITZEUG*IN integrieren können.

Wir danken Amena, Anna, Hannah, Juana, Lea, Mustafa, Salihcan und Yasmin - für eure Zeit und Motivation, gemeinsam nachzudenken, zu diskutieren und anzupacken!  

Wir danken den Leiter*innen des LWL-Internat Soest und dem  Gustav-Lübcke-Museum Hamm für die wunderbare Begleitung der Organisation und Durchführung sowie dem Museumscafé Café KunstWerke für das tolle Catering.

Dieses Projekt wurde unter anderem durch die Postcode Lotterie & Aktion Mensch gefördert.