Never Forget: Zeitzeuge Norbert Strauss aus New York und Jugendliche aus Olfen
Vier Gruppen von Jugendlichen aus Deutschland und den USA nehmen am Never Forget-Projekt teil. Sie sprechen mit Zeitzeug*innen, die in die USA emigriert sind (Lisa Baer und Norbert Strauss) oder in Europa leben (Eva Weyl und Dr. Leon Weintraub).
Den Auftakt der Gespräche machte Lisa Baer, die ihre Geschichte online mit der Gruppe der Elsa-Brändström Realschule Essen teilte.
Am 1. Juli 2024 fand dann das Treffen mit dem Zeitzeugen Norbert Strauss und Schüler*innen der Jahrgangsstufe 12 der Wolfhelmschule Olfen statt, die zuvor in einem ZWEITZEUGEN-Workshop auf das Gespräch vorbereitet wurden.
Norbert Strauss wuchs als jüdischer Junge in Bad Homburg auf und erlebte mit Schrecken die Reichspogromnacht in Frankfurt. 1941 schaffte er es, mit seiner Mutter in die USA zu fliehen. Sein Vater Josef, ehemaliger Häftling des Konzentrationslagers Buchenwald, versuchte als Passagier des Überseeschiffs MS St. Louis nachzukommen, jedoch wurde der gesamten Besatzung aufgrund von Quotenregelungen die Einreise verweigert und er kam erst später unter schwierigsten Bedingungen nach. Wie viele Zeitzeug*innenberichte ist also auch die Geschichte der Familie Strauss vom Thema Flucht vor dem NS-Regime geprägt. Diese stehen im Never-Forget Projekt besonders im Fokus.
Im Gespräch mit den Jugendlichen der Wolfhelmschule Olfen betonte Norbert Strauss, wie die Flucht der Familie das Leben rettete. Norbert konnte in New York anschließend zur Schule gehen und studieren, diente in der Infanterie der US Army und arbeitete später in einer großen Metallhandelsfirma. Er heiratete, gründete eine Familie und berichtet stolz von seinen vielen Enkelkindern. Die Schüler*innen waren sehr ergriffen von der Geschichte und stellten Fragen über die Zeit der Verfolgung, über das Ankommen in den USA und über Norberts Gedanken zum Erstarken rechtsextremer und rassistischer Positionen heute. »Continue to ask questions«, erinnerte Norbert Strauss die Gruppe und betonte die Bedeutung selbstständigen, kritischen Denkens: »The more questions you ask, the more you learn«. Statt einer Gesellschaft von Mitläufer*innen wünsche er sich ein Miteinander, bei dem Personen gegen Ungerechtigkeiten aufstehen und sich gegenseitig ermutigen: »If you speak up, it will help others to speak up«. Außerdem bat er die Jugendlichen, die Geschichten des Holocaust weiterzutragen, wenn es die Zeitzeug*innen bald selbst nicht mehr können. Norbert dankte ihnen für ihr Engagement: »Tell your parents, tell your friends. Do whatever you can do so that the Holocaust will be remembered!«.
Dieser Aufforderung sind die Schüler*innen anschließend auch gleich nachgekommen. Sie überlegten sich, wie sie Norberts Geschichte als Zweitzeug*innen weitertragen können und sind kreativ geworden: Mit Unterstützung des Illustrators Jonas Heidebrecht haben sie ein Graphic Recording für Social Media entworfen, in dem sie Norberts Geschichte mit Hilfe von Grafiken nacherzählen. Das Ergebnis wird bei der feierlichen Abschlussveranstaltung im September präsentiert. Ende August sprechen sie in transnationalen Online-Dialogen außerdem mit den teilnehmenden Jugendlichen aus den USA. Weitere Informationen veröffentlichen wir hier auf unserer Website.