
Zwei Jahre nach dem 7. Oktober 2023
Wir gedenken der über 1.200 Ermordeten, der über 240 entführten Menschen und ihrer Familien. Jede Verharmlosung, Relativierung oder gar Verherrlichung der Gewalt der Hamas verurteilen wir auf das Schärfste. Wir hoffen inständig, dass alle noch lebenden Geiseln endlich zu ihren Familien zurückkehren.
Unsere Gedanken sind auch bei der Zivilbevölkerung in Gaza, die unter den anhaltenden Folgen des Krieges leidet, der durch den Terror der Hamas und die militärische Reaktion Israels ausgelöst wurde. Wir hoffen, dass Wege gefunden werden, das Leid der palästinensischen Zivilbevölkerung zu lindern und Schritte hin zu einem gerechten und dauerhaften Frieden einzuleiten. Wir hoffen, dass die Stimmen derjenigen gehört werden, die für Dialog, Verständigung und ein Ende der Gewalt eintreten. Wir hoffen, dass internationale Verantwortungsträger*innen ihre Kraft auf den Schutz von Menschenrechten und auf politische Lösungen konzentrieren.
Die israelische Gesellschaft ist vielfältig. Neben dem tiefen Trauma und der Bedrohung von außen ringen dort Menschen um Demokratie, Menschenrechte und Frieden – auch kritisch gegenüber der eigenen Regierung. Wir stehen solidarisch an der Seite dieser demokratischen Zivilgesellschaft in Israel, die sich gegen Extremismus und Gewalt einsetzt. Wir beobachten die Entwicklungen tagesaktuell und sehen mit Besorgnis, wie rechtsextreme und rassistische Positionen Teile des Regierungshandelns in Israel prägen. Solche Haltungen widersprechen zutiefst unseren Werten von Demokratie und Menschenrechten. Wir verurteilen die massiven Angriffe der israelischen Armee, die zu unermesslichem Leid der Zivilbevölkerung in Gaza geführt haben und führen und die von zahlreichen Menschenrechtsorganisationen als mögliche Kriegsverbrechen eingestuft werden. Vor dem Hintergrund der internationalen Debatte über Genozid-Vorwürfe verfolgen wir die juristische Klärung aufmerksam. Unabhängig von dieser juristischen Einordnung verurteilen wir die fortgesetzte Missachtung völkerrechtlicher Standards und die katastrophale humanitäre Lage in Gaza. In Solidarität mit der Zivilbevölkerung treten wir für Menschenrechte und für die Unteilbarkeit der Menschenwürde ein.
Weltweit und auch in Deutschland erleben wir seit dem 7. Oktober 2023 einen rapiden Anstieg antisemitischer Narrative, Hassrede und Gewalt – insbesondere in den sozialen Medien, aber auch im öffentlichen Raum. Juden*Jüdinnen sind in ihrem Alltag zunehmend massiven Anfeindungen und Angriffen ausgesetzt. Zugleich beobachten wir, dass auch antimuslimischer Rassismus steigt. Beide Formen der Diskriminierung bedrohen das gesellschaftliche Zusammenleben und dürfen niemals gegeneinander ausgespielt werden.
Wir beobachten zugleich, wie sich der öffentliche Diskurs verhärtet und viele – besonders junge Menschen – sich gedrängt fühlen, „eine Seite“ zu wählen. Diese Polarisierung hilft niemandem, führt nicht zu einer Annäherung und verdeckt die Komplexität des Konflikts. Unsere Bildungsarbeit ermutigt dazu, Ambivalenzen auszuhalten, zu differenzieren und Mitgefühl für alle Betroffenen zu entwickeln.
Einer Instrumentalisierung des Kriegs im Nahen Osten, zur Legitimierung von antisemitischen sowie antimuslimisch-rassistischen Ressentiments treten wir klar und mit aller Deutlichkeit entgegen. Unser Anspruch ist es, in einer Zeit voller Ambivalenzen und Gleichzeitigkeiten ideologischen Verhärtungen entgegenzutreten, Mitgefühl zu stärken und die unteilbare Menschenwürde zu schützen. Dazu gehört für uns auch, zuzuhören, Mehrdeutigkeiten auszuhalten, uns selbst im Prozess zu reflektieren und Räume zu schaffen, in denen gemeinsames Lernen möglich ist.
Konsequenzen für unsere Bildungsarbeit
Gerade in unserer Arbeit mit Jugendlichen erleben wir, wie stark die Ereignisse emotionalisieren und wie sehr widersprüchliche Informationen und Feindbilder den Diskurs prägen. Nach dem 7. Oktober 2023 haben wir einen wachsenden Bedarf erkannt, unsere Arbeit gegen Antisemitismus zu vertiefen – als Reaktion auf den Anstieg antisemitischer Vorfälle und die zunehmende Emotionalisierung öffentlicher Debatten. Damit stärken wir unsere Kernkompetenz, die wir in den letzten fünfzehn Jahren entwickelt haben: Holocaust Education mit antisemitismuskritischer Bildungsarbeit zu verbinden und so niedrigschwellige Zugänge zu komplexen Themen zu schaffen.
Wir haben 2025 einen vereinsweiten Umgestaltungsprozess gestartet, um unsere Arbeit noch antisemitismuskritischer, wirksamer und nachhaltiger zu gestalten.
Das bedeutet konkret:
- mehr Raum für Gespräche, Austausch und kritische Reflexion,
- stärkere Auseinandersetzung mit heutigen Formen und Funktionen von Antisemitismus,
- differenziertere Perspektiven auf jüdisches Leben heute,
- Kooperationen mit Fachstellen und Expert*innen,
- Begleitung und Fortbildung von Pädagog*innen und Workshopleitenden.
So unterstützen wir Kinder, Jugendliche und Erwachsene darin, Antisemitismus zu erkennen, Empathie zu entwickeln und eigene Handlungsoptionen zu finden.

Solidarität zeigen – für Menschen in Israel und Gaza
Auch zwei Jahre nach den Anschlägen vom 7. Oktober 2023 benötigen viele Menschen in Israel und Gaza weiterhin Unterstützung.
Das Netzwerk Israel – eine Initiative der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft (EVZ) gemeinsam mit dem New Israel Fund (NIF) Deutschland e.V. – fördert Projekte, die beim Wiederaufbau und beim Zusammenleben in Frieden und Gleichberechtigung helfen.
➡️ Spendenmöglichkeit:
Folgende Projekte werden durch das Netzwerk Israel gefördert:
- Wiederaufbau einer Kibbutz-Gemeinschaft
- Psychosoziale Hilfe für Holocaust-Überlebende
- Jüdisch-Arabisches Nothilfezentrum in Rahat
- Hilfe für Überlebende des Terrors und Gemeinden unter Beschuss
- Fußball für Frieden - Givat Haviva
In Gaza leisten verschiedene Organisationen humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung.
➡️ Spendenmöglichkeiten:
- CADUS – medizinische und technische Nothilfe in Krisenregionen
- Deutsches Rotes Kreuz – Nothilfe im Gazastreifen
- Malteser International – Gaza-Nothilfe
Jede Spende hilft.
Weitere Informationen und Links
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Stimmen von Zeitzeug*innen (Stand: November 2023)
Wie blicken Holocaust-Überlebende, deren Geschichten wir weitertragen, auf den 7.10. und seine Folgen?
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Pädagogische Angebote über den aktuellen Krieg und den Nahost-Konflikt
Eine Übersicht pädagogischer Angebote, die dabei helfen können, Gespräche mit Kindern und Jugendlichen über den aktuellen Krieg und den Nahost-Konflikt im Allgemeinen zu führen.
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Unser Wirkungsbericht 2023
Mit Statements von Zeitzeug*innen und Kindern von Überlebenden.